Josef Obornik
Künstler

1943 – 2009

Loge „Zum Schwarzen Bär“
i.Or. Hannover

Kurz vor der Nacht

Für Josef Obornik

Wüstenwanderer
Oasenbesucher

Deine Wegzeichen
reichen von hier bis dort
und ich sehe dich immer noch
nomadengesichtig
am Lagerfeuer der Beduinen.

„Starkes Väterchen“
nannten sie dich
und du fingst die Wüste ein
in deinen Bildern
erzähltest von der Teilung
der Länder und Weiden
von Sem und Ham
und davon,
dass Frieden möglich ist.

Ein Kara ben Nemsi
ohne Buchdeckel
mit dem Pinsel
als Fangeisen
mit den Farben
des frühen Tages.

In der weglosen Wüste
selbst ein Wegzeichen
das aufrecht steht
und bleibt
und zeigt
durch Raum und Zeit.

Gerd Scherm
Binzwangen am 28. Februar 2008

Orbornik 1

Arbeitsteppich

Seine Arbeiten:

Als ich vor ca. 15 Jahren begann, Kreuze in meine gemalten Landschaften zu setzen, wusste ich noch nicht, was sich daraus entwickeln würde.

Ich trete Spekulationen und Fehldeutungen entgegen, wenn ich sage, dass meine Kreuze keine religiösen Bedeutungen haben. Zunächst waren das ganz einfache Zeichen aus senkrechter und wagrechter Linie. Architekten etwa benutzen solche Zeichen, wenn sie Maße eintragen. Und genau so waren meine ersten Kreuze im Bild nur Maßkreuze; ich habe das Land durchmessen und vermessen, dabei unbekannte Räume und Flächen vorgefunden, die noch von mir bemaßt werden mussten. Ich dachte neue Ordnungen in das scheinbare Chaos.

Während meine Landschaften mehr und mehr zu informellen Botschaften wurden, änderte sich das Kreuz: aus dem aufrechten Kreuz wurde ein schräggestelltes. Für mich das ein Wichtig-machen, ein Ankreuzen. Das sollte sagen: Hier bin ich!

Ich kreuze an, wo ich mich befinde und was ich betonen möchte. Ich fühle mich als Teil der Landschaft und suche den Dialog mit Dir. Meine Kreuze stellen menschliche Präsenz dar, so wie eine gepflügte Furche, eine achtlos fortgeworfene Tüte oder wie ein Verkehrsschild. Durch flüchtiges, schnelles Hinschreiben entwickelte sich aus diesem Schrägkreuz ein eigenständiges, neues Zeichen. Ich nannte dieses neue Zeichen „Ich-Kreuz“, weil es stellvertretend für mich selbst stand.

Mit der äußeren Form veränderte sich auch der innere Gehalt. Dieses „Ich-Kreuz“ sollte sagen: Hier bin ich – ich habe einen Standpunkt bezogen. Nicht nur einen Standpunkt in der Landschaft, sondern auch einen Standpunkt zu Menschen betreffenden Fragen. Das „Ich-Kreuz“ sollte für mich / mit mir gegen Gleichgültigkeit, bornierte Dummheit und Intoleranz angehen.

In einer Galerie konnte ich mein „Ich-Kreuz“-Manifest vorstellen. Ich ließ Aufkleber mit meinem „Ich-Kreuz“ drucken und entwarf Schmuckstücke in „Ich-Kreuz“-Form. Ich wollte mein Zeichen mit anderen Menschen teilen, wollte Mitmenschen dazu anregen, ebenfalls einen Standpunkt zu beziehen. Immer wenn ich meinem Aufkleber begegne oder jemanden treffe, der ein „Ich-Kreuz“- Schmuckstück trägt, weiß ich, dass da jemand ist, der meine Meinung mit mir teilt. Dann sind wir schon zu zweit gegen Intoleranz.

Es ist fast müßig, darauf hinzuweisen, dass die Solidaritätsgeste „Ich-Kreuz“ für mich angewandte Freimaurerei ist. So wundert es wohl kaum, dass in meinem Zeichen ein Dreieck enthalten ist.

Schon längst sind meine Skizzen kein Fotoersatz mehr, meine Bilder keine Abbildungen von Wirklichkeit. Es sind Seelenlandschaften geworden, die innere Befindlichkeiten mitteilen wollen. Als Gedankenbrücke biete ich mein „Ich-Kreuz“ an. Vielleicht gelingt es mir so, vom Wörtchen „Kunst“ auf „Königliche Kunst“ zu kommen.

Ich bin mir bewusst, dass Bilder nicht die Gesellschaft verändern können. Wenn es mir aber hier und da gelänge, meine Mitmenschen dazu zu bringen, über menschliches Miteinander nachzudenken, wären meine Bilder nicht vergeblich gemalt.

Meine „Landschaftsmalerei“ verstehe ich als Arbeit an der „Säule der Schönheit“, jenem Ort also, an dem sich Intellekt und Emotion begegnen. Das ist für mich Suche nach Wahrheit. Ich suche nicht nach dekorativer Schönheit; ich träume von einer „anderen“ Schönheit – der Wahrheit. Ich weiß, dass ich Schönheit und Wahrheit nie finden werde, aber ich will unverdrossen weitersuchen. Sicher wird sich mein „Ich-Kreuz“ weiterentwickeln. In letzter Zeit hat sich daraus ein alpha-ähnliches Zeichen ergeben. Wenn dieses Alpha ein Symbol für Anfang / Neuanfang wird, will ich’s wohl zufrieden sein.

Evolution – auch die eines Zeichens oder Bedeutungsträgers – ist wohl nicht zu steuern; der Gedanke, aus meinem Ich-Zeichen könnte irgendwann ein Wir-Zeichen werden, gefällt mir. Gleichzeitig weiß ich jedoch, das schönste Wir-Zeichen ist Winkelmaß und Zirkel. Ich bin nicht so vermessen, dass ich glaube, dieses Symbol durch ein von mir gemachtes ersetzen zu können.

Ich möchte nur immer dann einen Standpunkt beziehen, wenn ich als Maler oder Freimaurer gefordert werde. Kunst bedeutet mir immer auch „die Kunst recht zu leben“.
Obornik 2

Obornik 3

Obornik 4

Die neue Ringparabel
Die neue Ringparabel