Horst Giepen
1953 – 1997
Loge „Glocke am Fusse der Alb“
i.Or. Reutlingen
Entwicklungsgeographie
Gedanken,
Ideen
werden irgendwann,
irgendwo
geboren,
keimen
noch im Schutz
der Abgeschiedenheit
bis ein erster
Trieb
ans Licht
vordringt.
Vorsichtig,
umsichtig,
unbemerkt
wächst er langsam
bis zur
Unruhe
heran,
erregt
Widerspruch,
Mißfallen.
Frost
und scharfer
Wind
werden den
Halm
nicht brechen:
Der Trieb
hat fest
gewurzelt.
Der Verrat
allein
lässt ihn
verdorren.
Frieden
Er beginnt,
wenn Du und ich
ihm Raum geben,
wenn der Andere
in seinem Anderssein
für Dich und mich
Mensch
bleiben kann.
Gestern
Gestern,
als wir noch jünger waren,
als noch keine grauen Haare
die heraufziehende Weisheit
anmahnten,
gestern,
als wir noch jünger waren,
noch nicht im
Lederkofferjargon unsere
gestanzten Reden hielten,
gestern,
als wir noch jünger waren,
uns die Durchsichtigkeit
etablierter Argumente
noch offensichtlich war,
gestern,
als wir noch jünger waren,
wir noch träumen durften,
uns die Realität
nicht unsere Fantasie zerfraß,
gestern,
als wir noch jünger waren,
wir uns gegenüberstanden,
uns noch die Wahrheit sagten,
gestern,
war gerade als Erinnerung
Zukunft
im Licht
des so anderen Morgens.
Letzte Wahrheit
Nüchterne Wirklichkeit
erlöst fremdgewordenen
Lebensquell,
entlässt
der Mühsal endlos
scheinenden Schmerz.
Erinnerung bleibt,
gemeinsam Erlebtes,
Bilder
einer anderen Zeit.
Im Nichts
hinterlassen nur Träume
Spuren.
Im Nichts
bleibt die Endlichkeit
wahr.
Auf dem Weg
Aufgebrochen
bin ich,
hab’ mich
auf den Weg
gemacht.
Wohin
bleibt offen,
weil offen bleibt,
ob es
ein Zuhause gibt
in heimatloser Zeit.
Der Aufbruch selbst
kann nicht
Zuhause sein,
obschon als Ziel
er Ruhe gibt
und weist,
wo Heimat
wohl zu finden
wäre.
Es ist
der Augenblick
das Jetzt,
das Ebenso
und nicht anders.
Es bist Du,
Dein Hier,
Dein Sosein,
Dein verletzbares Auch,
Dein Licht
im Schatten,
das mir Zuhause,
das mir Heimat
gibt.
Konkrete Utopie
Der Weg ins Licht
lässt Dunkelheit zurück,
eröffnet Unbekanntes
in ein neues Jetzt,
in ein neues Leben,
in einen neuen Morgen.
Für Dich,
für mich,
für uns.
Adieu!
Dem Freund
ein letztes Lebe wohl,
ein die Erinnerung
erreichendes Gefühl
stiller Trauer,
das den Moment
erfüllt.
Ruhe, Stille,
Ergebensein
im Unumkehrbaren.
Ein letzter Gruß,
ein letzter Dank,
ein letztes Miteinander.
Du fehlst.